Eindrücke von der 100km DM
Schildert seine Eindrücke: Eduard Tjarks |
Vor dem Start, der am Samstag bereits um 06:00 Uhr erfolgte, war die Kleiderfrage ein ganz heißes Thema. Bei Temperaturen von Minus 5 Grad entschied sich das Gros der über 200 Teilnehmer für die Wintergarnitur, einige Hartgesottene waren wie im Hochsommer angetreten, mussten hierfür jedoch größtenteils Tribut zahlen und letztendlich wegen Unterkühlung aufgeben. Auch wenn das Thermometer im Tagesverlauf nur auf höchstens 5 Grad anstieg, waren die Laufbedingungen bei Windstille und Sonnenschein jedoch als ideal zu bezeichnen.
Als Austragungsstätte diente das rund 60 ha große Bundesleistungszentrum in Kienbaum (30 km östlich von Berlin), in dem sich die Deutschen Spitzenathleten zur Zeit wieder gezielt auf die Olympischen Sommerspiele in Athen vorbereiten. Obwohl es auf dem waldreichen Gelände immer wieder leicht auf und ab ging, war dies eher von Vorteil, da man nicht den ganzen Tag im gleichen „Schlappschritt“ läuft, sondern beim Anstieg auf kürzere schnelle Schritte wechselt, um dann anschließend wieder „lang“ auszuholen. Die abwechslungsreiche 5 km Runde war fast durchgehend asphaltiert.
Aufgrund der angestrebten Zeit von ca. 8 ½ Std. hatte Tjarks sich eine Durchgangszeit von ca. 24 Min pro 5 km Runde vorgenommen, denn gerade auf den Superlangstrecken ist es besonders wichtig ein gleichmäßiges, angepasstes Tempo zu finden, um letztendlich die optimale Leistung abzurufen. Wenn der Startschuss fällt, heißt es deshalb erst mal auf die Bremse treten, denn statt im üblichen flotten Wettkampftempo wird beim Hunderter „nur“ im normalen Trainings - Dauerlauftempo gelaufen.
Obwohl die erste Runde mit 23:15 Min schon reichlich schnell war, belegte Tjarks anfangs nur etwa Rang 50. Bei Km 10 drohte das Unternehmen dann bereits zu scheitern. Der Zeitmesschip, der mit einem flexiblen Klettband zu stramm am rechten Fuß befestigt war, schnürte die Blutzufuhr ab und verursachte somit Schmerzen am Spann und Schienbein. Ein schneller Wechsel auf den anderen Fuß brachte schließlich Linderung, so dass die Zwischenzeiten bei km 15, 20 und 25 alle sekundengenau bei 23:43 Min. lagen.
Verschiebungen in der Zeittabelle gab es anschließend nur durch die Nahrungsaufnahme (Wasser, Haferschleim und zum Schluss Cola) sowie Pinkelpausen bzw. einem Toilettengang. Als nach fast 6 Stunden - inzwischen war Km 75 und der 24. Gesamtplatz erreicht – die Durchgangszeiten immer noch unter 24 Min lagen, startete der Angriff auf die Traummarke von 8 Stunden – nur noch 25 mal den Kilometer unter 5 Minuten – nur noch 2 Stunden laufen! Ab Km 88 dann ein erneuter Motivationsschub - jeder Kilometer konnte in Zeitschritten ausgedrückt, rückwärts gezählt werden – nur noch 1 Stunde, nur noch 55 Minuten, nur noch 50 Minuten – der Countdown lief und das Ziel rückte immer näher.
Nach 7 Std. 59 Min. und 16 Sekunden war das Ziel erreicht. Mit der guten Zeit holte sich Tjarks neben dem Gewinn der Vizemeisterschaft auch noch den Ostfrieslandrekord über 100km. Dieser war erst seit dem letztem Jahr im Besitz von Bernd Wagner vom TuS Norderney. Mit 8:40:55 Std. knackte Wagner am 29.03.2003, ebenfalls in Kienbaum, den Uraltrekord von Ahlrich Sigl. Der Auricher Ahlrich Sigl, für die LG Ostfriesland startend, hatte die Bestmarke bereits am 02.04.1983 beim damals legendären 100 km Lauf in Unna mit 8:52:30 Std. aufgestellt.
Die Ausrichtung der Veranstaltung war nicht nur auf Grund der vorhandenen Einrichtungen optimal, sondern die ganze Veranstaltung war professionell aufgezogen und endete schließlich mit einer stilvollen Siegerehrung.
Den Gesamtsieg holte sich der mehrfache Deutsche Meister und Nationalkaderathlet Michael Sommer von der EK Schwaikheim, der mit 6:59:23 Std. als einzigster Athlet sogar unter 7 Stunden blieb. Der Zweitplazierte, Jörg Hooß, LTF Marpingen benötigte 7:16:45 Std. und für den dritten, Dr. Thomas Miksch, Kempten wurden 7:33:51 Std. gestoppt.
In der Frauenwertung gab es einen neuen Streckenrekord von 7:54:53 Std. durch die Französin Maggiolini Reymonenq vor der Deutschen Meisterin Tanja Hooß von der LTF Marpingen, die. nur ganze 3 Minuten später das Ziel erreichte.
In der Altersklasse M 50 siegte der Ultraspezialist Karl Graf vom VfB Alemannia Pfalzdorf (Niederrhein), der mit 7:54:09 Std. nur rund 5 Min schneller als Tjarks war. Der dritte Platz ging mit 8:04:49 Std. an Eberhard Bergner vom ESV Lok Potzdam.
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